Ich hatte halt das Glück, jemanden seit Ende der 60er Jahre sehr gut zu kennen, als er noch Meister bei Mercedes Benz in Frankfurt war und dort verantwortlich für die Qualitätskontrolle, Toni Geppert, der danach, als manche heutigen nur klugscheissden Entrepeneure der Restaurierungsbranche noch gewindelt wurden, Anfang der 70er Jahre in seinem Betrieb in Frankfurt – Kalbach die ‘Geflügelten’ 300 SL für weltweite Kunden und Museen reparierte und der mir später vieles über gut gemachte Kopien von Mercedes ‘Flügeltürern’ und totrestaurierte Autos erzählen konnte, und der als jahrzehntelanger Typreferent des 300 SL – Club seine gnadenlosen Expertisen zu so manchem von namhaften Edelrestaurieren hingerichteten ‘Flügel’, von der falschen eingebauten Einspritzpumpe bis hin zum nicht eben seltenen ‘Geflügelten’ mit Fahrgestellnummer, die zweimal existierte, wirklich gut gemacht hat. So habe ich mir u.a. mein Bild von dieser Branche gemacht und für mich gilt als erste Regel: keine Patina, kein Kauf.
Von mir scherzhaft Apothekerzahnwälte Genannte, mögen sich über sichtbare Spuren früherer, damals zeitwertgerechter Reparaturen, ohne die es heute keine Oldtimer gäbe, die aber ihren heutigen Ansprüchen an durchrestaurierte Oldtimer nicht genügen, echauffieren und von Pfuschern phrasenisieren, für mich sind das Hinweise bei der Suche nach dem Echten. Nichts ist schwerer zu fälschen, als der an sich wertmindernde Verfall.
Im Kunstmarkt haben jüngst aufgedeckte Fälschungsskandale mit dreistelligen Millionen-Schadenssummen gezeigt, wie wichtig unabhängige Sachverständige und Gutachter sind. So werden unabhängige Kunstsachverständige in Deutschland deshalb von den Industrie- und Handelskammern geprüft und dann öffentlich bestellt und vereidigt. Aufgaben dieser Sachverständigen ist die gerichtsfeste Echtheitsuntersuchung und Wertfeststellung von Kunstwerken sowie die gutachterliche Hilfe für Versicherungen und vor Gericht. Unabdingbare Voraussetzungen für eine Bestellung sind kunsthistorisches Vorwissen, eine mindestens 10-jährige Berufserfahrung im Kunsthandel sowie ein Mindestalter von 30 Jahren. Die Industrie- und Handelskammern publizieren Listen der bestellten Sachverständigen.
Wer dachte, bei Oldtimern, von denen sich die 50er und 60er Jahre Objekte inzwischen auch im sechsstelligen Preisbereich bewegen (das automobile Massen-Geschwerl aus den 60er und 80er Jahren, was Dank H-Kennzeichen-Regelung zwar zum Oldtimer geadelt wurde, in meinen Augen aber bloß alte und nach Ablauf ihres Automobillebens vor der Schrottpresse bewahrte Autochen sind, aussen vor gelassen), manche von ihnen heute im zweistelligen Millionenbereich, sei das ähnlich, ist auf dem Holzweg. Ein Umstand, der bestellte Kunstsachverständige über bar jedweder profunder Expertise erstellte Oldtimer-Gutachten, über ihre ‘Kollegen’ aus der Altautoabteilung, nur müde lächeln lässt. Vorkenntnisse oder Sachkundenachweis vor einer neutralen Prüfkomission erforderlich? Fehlanzeige.
In einem seichten 16 (Arbeits-) Stunden Crash – Kurs (inklusive Zigaretten-, Kaffee- und Mittagspausen) automobilhistorisches Grundwissen aus rund 130 Jahren technischer Entwicklung, obendrauf 10 Jahre praktische Berufserfahrung mit der Reparatur und Restaurierung von Oldtimern der verschiedensten Fabrikate und Typen, eigentlich erforderlichen profunden Kenntnissen von tausenden Fahrzeugtypen von hunderten von Automobilherstellern etc. p.p., alles zusammen eintrichtern, um hinterher eine seriöse Expertise abgeben zu können, die in einem Rechtsstreit, wo es oft um bis zu sechstellige Beträge geht, auch vor Gericht standhält. Wie das geht? Nach Ansicht des ZdK ganz einfach!…
Alle, was ich dazu ab hier sagen möchte, wäre wahrscheinlich justiziabel. Nur soviel: Es ist eine Farce. In meinem Buch werde ich mit dem Rechtsschutz eines Verlags im Rücken, so einige Fälle dokumentieren, die man sich nicht ausdenken kann.
Mit meinen Erfahrungen würde ich bspw. den Bentley ‘Blue Train’ hier, der grade angeboten wird, eigentlich für eine Fälschung halten müssen, denn nach über 80 Jahren haben solche Automobile natürliche Abnutzungserscheinungen. Der hier ist besser als neu und womöglich kleben noch die Strichcodes auf einzelnen, verwendeten Teilen…
“Year 1950…” Das ist in etwa so, als wäre ein Galeriesstempel von 1950 auf einem makellosen Impressionisten von Monet. Bei diesem Bentley Blue Train, der um 1930 nur in iner sehr kleinen Stückzahl gebaut wurde, kann ich mir deshalb grade sehr gut vorstellen, dass sich der Verkäufer und Käufer dieses sicherlich perfekt gemachten und nicht billigen Komplett-Nachbaus auf Rolls Royce – Chassis, Letzterer hat vielleicht nur das mit dem “Year 1950″ übersehen, hatte das Wort “Recreation” vorher noch nie gehört, bevor er das Scheckbuch zückte, womöglich eines Tages vor Gericht wiedersehen, wo dann schlimmstenfalls ein im Crash – Kurs vom ZDK zum zertifizierten Oldtimer – Sachverständigen geadelter Mennecken, sein Gutachten abgibt. Aber das mit dem Zertifikat wird ja ohnehin nur für Leute mit Premiumanpruch gemacht, die für die gleiche Ware in aufgemopfter Verpackung den doppelten Preis zu zahlen bereit sind, oder wie Fritz B. Busch es mal ausdrückte, “Wir kaufen Marken, Logos, Labels, Legenden und Lügen, vom Turnschuh bis zum Auto. Denn wir sind erfolgreicher manipuliert worden als der Elefant, der im Zirkus Handstand macht”.
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